Fragen und Anmerkungen zum geplanten Hochhausprojekt am Candidplatz
Folgender Text beleuchtet einige Fragen und Anmerkungen zum geplanten Hochhausprojekt am Candidplatz.
Den Unterlagen lassen sich entnehmen, dass die Stadtgestaltungskommission das Vorhaben im Jahr 2021 selbst als mögliches „Initialprojekt“ bezeichnet hat. Das bedeutet, dass es nicht nur um dieses eine Gebäude geht, sondern dass es bewusst als Auftakt für weitere Entwicklungen verstanden werden könnte – vergleichbar mit dem Projekt an der Machtlfingerstraße.
Dazu die erste Frage:
→ Welche langfristigen Folgen für Untergiesing wurden in diesem Zusammenhang bereits untersucht? Gibt es Überlegungen oder Szenarien, was ein solcher Auftakt für die weitere Entwicklung des Stadtteils bedeutet? Und wie soll verhindert werden, dass aus einem Initialprojekt eine Kettenreaktion entsteht, die den Verdrängungsdruck für Anwohner:innen und kleine Läden massiv verstärkt?
Ein zweiter wichtiger Punkt betrifft die Mietentwicklung und die Verdrängungsgefahr.
Das geplante Hochhaus mit 17 Geschossen und 64 Metern Höhe überragt die bisherige Bebauung deutlich. Es setzt ein starkes Signal der Aufwertung.
→ Gibt es seitens des BA, des Referats für Stadtplanung, des Stadtrats oder anderen Bereichen der Stadt Studien, Vergleichswerte oder Daten, wie sich ähnliche Hochhausprojekte auf die Mietstruktur im Umfeld ausgewirkt haben – sowohl bei Wohnungen als auch bei Gewerbeflächen?
Es besteht die berechtigte Sorge, dass viele Bewohner:innen auf lange Sicht nicht mehr in Untergiesing bleiben können. Auch kleinere Läden – wie der alteingesessene griechische Obst- und Gemüseladen oder die Metzger Buam – aber auch der Giesinger Frischemarkt werden durch steigende Mieten und Nebenkosten gefährdet.
Um hier einen externen Blick zu bekommen, wurde eine KI-Analyse eingeholt.
Die Einschätzung war klar:
- Kurzfristig (0–3 Jahre): erste Mietsteigerungen im Umfeld.
- Mittelfristig (3–7 Jahre): hohes Risiko der Verdrängung, insbesondere bei einkommensschwächeren Haushalten und kleinteiligem Gewerbe.
- Langfristig (7–15 Jahre): ohne Schutzmaßnahmen nahezu sichere Verdrängung.
Diese Bewertung passt zu Erfahrungen in anderen Stadtteilen Münchens und in vergleichbaren Städten.
Insbesondere sei auf den Abschlussbericht ‚Verdrängungsprozesse in der Landeshauptstadt München‘ verwiesen. Die zugrunde liegende Untersuchung wurde im Auftrag des Referats für Stadtplanung und Bauordnung der Landeshauptstadt München durchgeführt und behandelt Verdrängungsprozesse sowie Indikatoren, die als Frühwarnsystem für Verdrängung dienen können (https://stadt.muenchen.de/dam/jcr:3e0fbedb-961e-43a9-9449-1a551d035f9b/LHM_Verdraengung_Abschlussbericht.pdf).
Ein weiterer Punkt ist die Intransparenz der Interessenlagen. Der Investor präsentiert sich sozial und ökologisch, gleichzeitig ist klar, dass das Projekt stark renditegetrieben ist – beteiligt sind unter anderem ein Hamburger Investmentunternehmen und ein zahnärztliches Versorgungswerk.
→ Wie glaubwürdig ist unter diesen Umständen die Darstellung als „sozial und ökologisch orientiertes Projekt“?
Und schließlich geht es noch um die städtische Freifläche gegenüber. Dieser Platz ist heute ein offener, geschützter Raum für Kinder, Jugendliche, Familien und Vereine. Die Stadt plant dort ca. 200 Sozialwohnungen mit Kultur- und Spielflächen. Gleichzeitig wird davon gesprochen, dass beide Projekte – das Hochhaus und die städtische Freifläche – zusammen gedacht werden sollen.
Hier ergeben sich mehrere Fragen:
- Welche Verbindung besteht genau zwischen den beiden Projekten?
- Mit welcher Notwendigkeit wird diese Verbindung begründet – von der Stadt, vom Investor oder von beiden Seiten?
- Welche Ziele sollen dadurch erreicht werden – ist es eine Art Kompensation, ein städtebauliches Bündel, oder ein wirtschaftliches Tauschgeschäft?
- Welche Folgen hat das für die Nachbarschaft und insbesondere für die soziale Nutzung der Freifläche, die heute intensiv von Kindern, Jugendlichen und Familien genutzt wird?
Fazit:
Das Hochhausprojekt darf nicht isoliert betrachtet werden. Es geht nicht nur um ein einzelnes Gebäude, sondern um die Zukunft des ganzen Viertels. Von Interesse sind belastbare Informationen zu den Miet- und Verdrängungseffekten, den potenziellen Folgewirkungen des „Initialprojekts“ und zur Rolle des Investors, vor allem im Kontext der geplanten Freiflächenentwicklung.


