Eine unheilige Allianz!
Mehr Gewerbefläche für München. Das ist die ernsthafte Forderung der sogenannten „Allianz für München“ (AfM). Das reiche München und mit ihm die globale Immobilienbranche rufen damit zur Generalmobilisierung im Kampf um die saftigsten Grundstücke der bayerischen Landeshauptstadt auf. Mehr Gewerbeflächen würden mehr Wachstum generieren. Und das wiederum sei gut für Alle. Diese alte Lüge des trickle-down-Effektes wird derzeit gerade weltweit widerlegt. Milliardengewinne für die Konzerne, Reallohnverlust und steigende Mieten für den Rest.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass sich die Allianz für München (AfM) kurz vor Weihnachten dazu entschloss, ihren Wunschzettel der Öffentlichkeit zu präsentieren. Im Münchner Presseclub wurden deren Wünsche von einem ihrer grauen Männer laut vorgelesen: mehr Gewerbeflächen, mehr Wachstum, mehr Arbeit! Diese frommen Wünsche an den Weihnachtsmann im Münchner Rathaus sind angekommen. Denn Dieter Reiter (SPD) lässt sich ungeniert als ein Unterstützer eben dieser Wünsche zitieren. Nur wer ist diese AfM? Und was bedeuten ihre Forderungen?
Ihr Haupt erhob die AfM das erste Mal im August. Fast genau ein Jahr vor den Landtagswahlen. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt. Die Liste der Unterstützer und Unterstützerinnen liest sich beachtlich: Christian Greiner, Vorstandsvorsitzender der Ludwig Beck AG, Clarissa Käfer, Aufsichtsratsvorsitzende der Käfer AG, Melanie Hammer, Geschäftsführerin der BHB Bauunternehmung, und Julian Rautenberg, Bankdirektor bei Donner & Reuschel. Ergänzt wird dieses Gebräu der Münchner Wirtschaft durch Daniel Schreyer, Geschäftsführer von Hendricks & Schwartz, einer Lobby-Firma für die Immobilienbranche, deren Geschäft Baurechtschaffung, Genehmigungsmanagement und Akzeptanzkommunikation ist. Das sind jedoch nur die Gesichter derjenigen, die das Gros der Münchnerinnen und Münchner zu sehen bekommen sollen. Die Gesichter, aus deren Mündern die Argumente für den Wahlkampf der Stadtratsparteien kommen sollen. Die Argumente, die das Interesse des Profits in den Köpfen der arbeitenden Bevölkerung verankern sollen. Man darf davon ausgehen, dass diese lächelnden Masken einen ganzen Rattenschwanz an Unternehmerinnen und Unternehmer der Münchner Wirtschaft mit sich ziehen und darüber hinaus sicherlich auch multinationale Konzerne wie Apple oder Google, die derzeit mit Hochdruck versuchen, noch mehr zentrale Orte in München mit Gewerbeflächen zu besetzen.
Trotz Milliarden von Gewinnen scheinen diejenigen, denen fast alles gehört, nicht genug zu bekommen. Sie fordern noch mehr Fläche für sich, ihre Familien und ihre Unternehmen. Noch mehr Grund und Boden. Es geht ihnen um die Ansammlung von privatem Eigentum. Um dieses Ziel zu vernebeln, versuchen sie über die AfM und die „Werkstatt München” gleichzeitig das Märchen der Sozialpartnerschaft aufrechtzuerhalten. Also einem vermeintlich gemeinsamen Interesse zwischen den Eigentümerinnen und Eigentümern der zukünftigen Gewerbeflächen und denjenigen, die dort für sie arbeiten und die nächsten Gewinne erarbeiten sollen. Für diesen Plan wollen sie laut ihrer Webseite auch Gewerkschaften und diverse Bürgerinitiativen gewinnen. Nur fällt mittlerweile immer mehr Menschen auf, dass diese Rechnung nicht aufgeht. Der aktuelle Zustand der andauernden Krise hat vielen Münchnerinnen und Münchnern offenbar die Augen geöffnet. Die Mieten steigen weiter, in den Tarifverhandlungen wird nicht einmal die Inflation ausgeglichen und die SPD in Form der DGB-Vorsitzenden Fahimi setzt sich mehr für die Auszahlung von Dividenden als für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen ein.
Es gäbe eine wachstumsfeindliche und damit eine fortschrittsfeindliche Stimmung unter den Münchnerinnen und Münchnern, so die AfM auf ihrer Webseite. Es werde „Stimmung gegen die Weiterentwicklung der Stadt auch Vorurteile gegen die Akteure der Stadtentwicklung, allen voran die Unternehmen der Immobilienwirtschaft, aber auch die Stadtverwaltung und Politik sowie einzelne besonders profilierte Unternehmen genauso wie gegen neue Arbeitsplätze in der Stadt generell geschürt.“ Mieterbündnissen, Initiativen wie Candidplatz für Alle und Hochhausstopp sowie politischen Organisationen wird vorgeworfen „mit unterschiedlichen Mitteln daran [zu] arbeiten, die politische und stadtgesellschaftliche Meinung negativ hinsichtlich weiterer wirtschaftlicher Entwicklung zu beeinflussen.“ Dabei übersehen sie offenbar (absichtlich) den Charakter vieler solcher Initiativen, die sich nicht gegen Wachstum und Entwicklung stellen, sondern gegen Wachstum und Entwicklung für den privaten Profit. Gegen ein Wachstum, das jegliche Ressourcen unserer Umgebung für den Profit verschlingt. Besonders im Kontext des geplanten Baus der Türme am Candidplatz sei darauf verwiesen, dass die Investoren ein Privatisierungskonzept von Arztpraxen vorantreiben wollen. Sie versprechen sich durch die Kommerzialisierung unserer Gesundheit hohe Gewinne. Für die Giesingerinnen und Giesinger bedeutet das de facto einen Abbau ihrer kassenärztlichen Versorgung. Bei solch einer Politik ist es kaum verwunderlich, dass viele Menschen eher gegen neue Gewerbeflächen sind, als sich dem weiteren Raubbau an ihrer öffentlichen Infrastruktur vorbehaltlos anzuschließen.
Dem Ganzen setzt die AfM die Krone auf, indem sie den Bewohnerinnen und Bewohnern der bayerischen Landeshauptstadt unverhohlen droht. Würden nämlich weiterhin den oben beschriebenen Feinden des wirtschaftlichen Wachstums Raum und Gehör geschenkt, würden sich mehr und mehr Konzerne aus München zurückziehen. Samt ihren Profiten, die sie aus der Arbeit der Münchnerinnen und Münchner ergaunert haben. Solche Aussagen sollen Furcht bewirken. Furcht, die die AfM im Namen der sich organisierenden Münchner Wirtschaft schüren soll. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt.