Perspektiven: Landschaftsarchitekt

Der folgende Text ist eine Zuschrift an die Redaktion der Webseite. Geschrieben hat ihn Prof. Dr. Peter Kiermeier, ehemaliger Dozent und Landschaftsarchitekt an der wissenschaftlichen Hochschule Weihenstephan/Triesdorf. Falls ihr uns auch eure Meinnug zum Candidtor schicken wollte, schreibt uns:  info[at]candidplatz-fuer-alle.de

 


In der Landshuter Zeitung vom 22. 6. 2023, S. 29 las ich einen Artikel mit dem Titel „Tor mit vielen Gegnern.“

Wenn man sich die in der Zeitung abgebildete Simulation des Büros Ehret + Klein betrachtet, fallen einem als Begrünungsfachmann sofort gravierende Fehler auf. Inzwischen ist es ja üblich geworden, größere Gebäude als Öko-Bauten zu verkaufen, dazu dient viel Grüntünche auf den Plänen und in der Visualiserung. Ob sich dies jedoch in der Realität verwirklichen lässt, steht auf einem anderen Blatt, aber da haben die Stadt- und Gemeinräte das Projekt längst durchgewinkt.

Im konkreten Fall: Kletterpflanzen heißen so, weil sie klettern; eigentlich logisch. Sie sind von Natur aus genetisch so angelegt, dass sie vom Waldboden aus dem Licht entgegenwachsen – aber nicht umgekehrt. Die Grüngirlanden, die hier im Objekt zu sehen sind, sollen bis zu vier Stockwerke nach unten wachsen. Das können sie nicht. Die geplanten Pflanzen sitzen an Gesimsen und Kanten. An vielen begrünten Bauten hat sich gezeigt, Gebäudekanten, Ecken und Gesimse bewirken verstärkt Windturbulenzen. Das aber mögen Kletterpflanzen nicht, denn in der Natur würden sie von ihren Stützbäumen ausgeblasen, deshalb schlingen sie sich fest um die Äste. Am frei stehenden Bau könnten sie in derart exponierten Situationen gar nicht wachsen, vor allem nicht abwärts.

Und was an Bäumen und Sträuchern hier am Bau so schön dekoriert wurde, gehört ebenfalls in die Schublade „nicht zu verwirklichen.“ Frage, woher soll denn das Wasser bei solch geringen Substrathöhen herkommen. Oder anders gefragt, ist denn überhaupt eine Bewässerung eingeplant (mit Trinkwasser aus dem Hahn???). Bei den auf uns zukommenden Trockensommern ließe sich ein derartiges Grün nicht realisieren, oder nur mit viel Wasserverschwendung.

Und wieder der Wind, er nimmt mit Gebäudehöhe zu: alle Gehölze, die an Gebäudekanten oder -ecken stehen, halten den Windturbulenzen erfahrungsgemäß nicht stand. Wir haben Gebäude untersucht, die besonders exponiert waren und zu unserem Erstaunen ist sogar die Erde ausgeblasen worden, in dem das Grün wurzeln sollte.

Fazit: diese Simulation ist eine Augenauswischerei, sie soll nur den Blick vernebeln und Genehmigungsträgern die Entscheidung und das schlechte Gewissen erleichtern.

 


Prof. Dr. Peter Kiermeier hat zu diesem Thema auch in der Fachzeitschrift „Deutsche Baumschule“ veröffentlicht: hier. Der Artikel liegt uns vor und kann bei Bedarf weitergeleitet werden.

ehret+klein meinen es besser zu wissen und schreiben dazu auf ihrer Webseite, dass die Fassadenbegrünung signifikant zur Aufwertung des Altbestandes und des Mikroklimas beitragen würde: hier.