Das „Candy“ – Der Wegbereiter fürs Candid-Tor

Am 09. Dezember 2023 wurde die Eröffnung der Zwischennutzung “Candy” am Candidplatz 9 gefeiert. Die Zwischennutzung wurde vom Stadtmagazin und Kreativ-Kollektiv MUCBOOK eröffnet, welches sich als eine “Brücke zwischen Kreativschaffenden und Innovations-Interessierten” versteht.

Wie MUCBOOK ihre sogenannten Clubhäuser (Zwischennutzungsräume) auch bereits in anderen Stadtteilen entwarf, ist auch das Candy ein Coworking-Space und eine Eventlocation – hier in Giesing mit Fokus auf Kunstateliers und künstlerisch-kulturell orientierten Events. In den Clubhäusern soll die “perfekte Umgebung für boomende Start-ups, innovative Freelancer*innen und engagierte Künstler*innen” geschaffen werden.

Die Investoren von ehret+klein gaben MUCBOOK die Möglichkeit, ein weiteres ihrer CLUBHÄUSER am Candidplatz zu eröffnen.Die Zwischennutzung ist zum jetzigen Zeitpunkt unbefristet angesetzt. Das Candy ist nicht die erste Kooperation zwischen ehret+klein und “Clubhaus”, vielmehr besteht bereits mehrjährige Zusammenarbeit  bei verschiedenen Projekten.

Zwischennutzung mit System

Bereits 2020 eröffnete MUCBOOK das Clubhaus “Breakout” auf dem Immobiliengelände von ehret+klein in der Bayerstraße 25. Im Jahr 2022 wurde “Franzi”, ein weiteres Clubhaus, in der Schwanthalerstraße 57 eröffnet, welches ebenfalls eine von ehret+klein aufgekaufte Immobilie zwischen-nutzte. Nicht zuletzt wurde auch für die Zwischennutzung “Maschinenhaus” in Schwabing-West kooperiert, wo abermals auf dem Gelände von ehret+klein Kunstausstellungen stattfanden und Ateliers entstanden. Die Räumlichkeit wurde dem Künstlerkollektiv “Broke.Today” zur Verfügung gestellt, die Zwischennutzung finanziell von ehret+klein unterstützt (https://www.ehret-klein.de/presse/zwischennutzung-im-maschinenhaus-schwabing-west). Während ehret+klein MUCBOOK Clubhaus dadurch unterstützt, dass sie ihnen ihre Immobilien zur Zwischennutzung zur Verfügung stellen, gibt MUCBOOK dem Investor Michael Ehret im eigenen Podcast eine Plattform für die öffentliche Verbreitung seiner Vorstellungen von Stadtplanung.

Welchen Zweck verfolgen ehret+klein mit Projekten der Zwischennutzung dieser Art?

Die Antwort findet sich auf der Website von ehret+klein selbst. In Bezug auf das “Maschinenhaus” schreiben sie, dass “diese Interimsnutzung ein Wegbereiter für die zukünftige Folgenutzung [sei], die sich behutsam und partizipativ in diesen Stadtraum einfügen soll”. Weiter heißt es: “Ziel der kreativen Interimsnutzung ist eine Aktivierung des Standortes.”

Mit anderen Worten: Die hippen Zwischennutzungen sollen in den Vierteln die nötige Akzeptanz für die Bauvorhaben der Investoren schaffen.

Die Strategie lautet: Erst Immobilien erwerben, dann eine Zwischennutzung für ein soziales, künstlerisch-kulturelles Image stattfinden lassen und zuletzt das geplante, gewinnversprechende Bauvorhaben umsetzen. Dies hat sich in der Bayerstraße bewährt, wo seit letztem Jahr ein Büro- und Geschäftshaus direkt am Hauptbahnhof gebaut wird.

Am 16.05.2024 fand eine Info-Veranstaltung der Reihe “Giesinger Gespräche” im Candy statt, die auch wir als Initiative besuchten. Marco Eisenack, früher SZ-Journalist – heute Gründer und Ideengeber von MUCBOOK, präsentierte das Candy als ein Projekt, bei dem Nachhaltigkeit im Mittelpunkt stehe. Generell wurde betont, dass Kultur an diesen Ort gebracht werde. Die Zwischennutzung Candy inszeniert sich also als ein Projekt, von dem das Viertel profitiert. Unseren Fragen, die unter anderem auf die Nachhaltigkeit abzielten, wichen die Veranstalter aus.

„Candy“ für den Investor – aber was bleibt fürs Viertel?

Die Zwischennutzung Candy kann nicht unabhängig vom Projekt Candid-Tor betrachtet werden. Genauso wie das Candy von MUCBOOK-Gründer Marco Eisenack, wird das Candid-Tor von den Investoren gerne als nachhaltiges Projekt verkauft. Dass das Candid-Tor allerdings mit Nachhaltigkeit so wenig zu tun hat, wie das Candy mit tatsächlichen Freiräumen, wird in folgendem Artikel unserer Website klar: https://candidplatz-fuer-alle.de/2022/12/13/wuerde-das-candidtor-wirklich-ein-nachhaltiges-projekt-werden-oder-beluegt-uns-der-investor/

Verschiedene Zeitungen und Magazine (darunter die SZ und AZ) berichteten in den letzten Monaten über das Candy und über das kulturelle Programm, das dort stattfindet. Das kulturelle Aufgebot am Candidplatz verleiht den Investoren und dem geplanten Candid-Tor einen sozialen Anstrich. Bei genauerer Betrachtung bröckelt die Fassade jedoch.

MUCBOOK wertet das Bauvorhaben kulturell auf und lässt sich vor den Wagen der Investoren spannen. Diese können – angesichts der vielen Stimmen, die sich gegenüber dem Candid-Tor kritisch äußern – ein besseres Image gut gebrauchen. Je mehr Menschen aus Giesing ein positives Bild von den neuen Entwicklungen haben oder sich mit dem Vorhaben der Investoren arrangieren können, desto leichter haben es die Investoren, ihre Pläne durchzusetzen. Und am Ende klingeln die Kassen.

Angesichts der Tatsache, dass es sich bei ehret+klein um Investoren handelt, deren Beruf es nun einmal ist, Geld in Projekte zu investieren und daraus Profit zu schlagen, ist es nicht verwunderlich, dass auch die Nebenprojekte – in und um die Bauvorhaben der Investoren – in erster Linie dem Profit dienen.

Für uns gilt es, zu unterscheiden: Kulturelle Freiräume aus dem Viertel fürs Viertel sind zu befürworten und zu unterstützen. Allerdings nur, wenn diese an den Bedürfnissen der im Viertel lebenden Menschen und nicht an Profit orientiert sind.